Abenteuer Spa-Treatment: Vom Busen-Peeling zum Face-Waxing
Der Wellness-Kosmos, der sich dem gestressten Urbanisten und sehnsuchtsvoll nach Erholung und Schönheit trachtenden Workaholic offenbart, scheint schier unendlich. Türkisches Hamam oder Hawaianische Lomi Lomi Nui Treatments standen gestern hoch im Kurs. Wer mit der Zeit geht, versucht es mit noch Außergewöhnlicherem: mystisch klingen die neu am Spa-Firmament funkelnden Treatment-Sterne wie die schamanische Zupfmassage oder der African Baobab. Sie wecken hohe Erwartungen und nähren die Hoffnung, in bisher ungeahnte Entspannungs-Galaxien einzutauchen. Doch selbst beim Testen eher konservativ anmutender Body-Treatments kann man tiefgreifende Überraschungsmomente erleben. Dabei ist der Erfolg und Abenteuer-Faktor einer Massage maßgeblich vom Typ des behandelnden Therapeuten abhängig.
In meiner Laufbahn als Spa-Tester begegneten mir unter anderem folgende erinnerungswürdige Charaktere:
Professionelle Physiotherapeuten, deren Hände magische Knetkraft besitzen unter deren gekonntem Einsatz die Kunden ins Nirvana massiert werden.
Esoterisch angehauchte Vollblut-Masseure, die mit höchster Passion rhythmisch hüpfend Verspannungen am Körper ihrer oftmals verkrampften und fremdschämenden Klientel wegtanzen. (Während man selbst vollkommen entblößt auf einer Liege fröstelnd den Tanzbewegungen des Therapeuten folgt, steigert ein solches Erlebnis den Sinn für Situationskomik ungemein).
Und zuletzt sollten die Kosmetikerinnen nicht unerwähnt bleiben. Sie leisten auf ihrem Gebiet Sensationelles, stoßen allerdings bei den diversen Massageriten aufgrund lang manikürter Fingernägel oftmals an ihre natürlichen Grenzen bzw. in das Rückenfleisch ihrer zu massakrierenden - pardon massierenden Kunden.
Sind "oben ohne" Masseure die besseren Therapeuten?
Eine Begegnung der besonderen Art genoss ich vor ein paar Jahren mit der zweiten Kategorie eines Masseurs: Noch bevor ich den Bademantel ablegen konnte, befreite sich dieser erstaunlicherweise flink selbst von seinem Hemd und traktierte dann mit voller Inbrunst und Hingabe, untermalt von lautem Schnaufen und Stöhnen, meinen Nacken, Hals und Kopf, während ich in eine Art Schockstarre verfiel. In diesem Fall ließ sich wohl weniger der Behandelnde als vielmehr der Behandler psychisch und physisch gehen. Verwunderung, wenn nicht gar Verwirrung rief auch die Aufforderung eines Therapeuten zur Peeling meiner Brust hervor. Ich frage mich bis heute, worin der tiefere Sinn einer gepeelten Brust besteht? Erhöht ein solch glatt gebohnertes Geheimnis oberhalb der Gürtellinie das eigene Selbstverständnis und Schönheitsgefühl? Meines eher nicht. Es sensibilisierte mich allerdings für Schmerzen. A propos Schmerzempfinden, masochistisch veranlagte Menschen sollten unbedingt eine Thai Sport-Massage goutieren. Genießen Sie in vollen Zügen Stretch-Übungen, bei denen man den Körper ad absurdum dehnt und sich die eigene Unbeweglichkeit vom Therapeuten, der im schlimmsten Fall muskelbeladen in Hockstellung auf einem sitzt, attestieren lassen kann.
Kosmetik-Anwendungen mit fakirischem Potenzial
Spannt man den Bogen nun von der Massage zum Beauty-Zeremoniell, erkennt man, dass auch hier großes fakirisches Potenzial verborgen liegt. So erinnere ich mich immer wieder gerne an meine erste Damenbart-Entfernung. Ignoranterweise war mir bis zum Zeitpunkt des sich Niederlassens im Kosmetikstuhl gar nicht bewusst, dass ich zur Gattung der Damenbart-Trägerinnen gehörte. Doch die wiederborstigen Härchen wurden - Bienenwachs sei Dank - an der renitenten Wurzel gepackt und segneten anschließend das Zeitliche. Zurück blieb nicht etwa, wie zu erwarten gewesen wäre, eine samtweiche Babyhaut, sondern vielmehr eine vulkanähnliche Kraterlandschaft. Denn aufgrund einer allergischen Reaktion sah ich plötzlich aus wie eine 14 jährige, die unter einem starken, über der Oberlippe auftretenden, Hormon-Schub litt. Auch das Wimpern färben gab meinem Leben eine aufregende und satirisch anmutende Note. Denn gerade vor einem wichtigen Geschäfts-Termin machen sich schwarz-blau unterlaufene Augenringe, wie sie nach einem 20 stündigen Box-Kampf mit einem finalen Knock-Out auftreten, hervorragend.
Sauerstoff-Therapie mit Placebo-Effekt
Doch eines der denkwürdigsten Wellness-Begebenheiten, dessen Zeuge ich werden durfte, ereignete sich nach einer Sauerstoff-Therapie, der nicht ich, sondern ein furioser Italiener zum Opfer fiel. So lauschte ich ehrfürchtig dem Geständnis einer kläglich dreinschauenden Spa-Angestellten, die dem temperamentvollen Südländer anvertraute, den Sauerstaoffkonzentrator Oxicutan versehentlich nicht eingestellt zu haben. So fiel jedwede Vitalität, Energie und gesteigerte Immunabwehr, die der Italiener nach seiner 2-stündigen Sauerstoff-Sitzung im dunklen Kämmerlein zu verspüren glaubte, wie Asche in sich zusammen. Und für mich bewahrheitete sich einmal mehr der Spruch "Reden ist Silber, Schweigen ist Gold" und die pharmakologische Wirkung des Placebo-Effektes.
Glücklicherweise bilden solche spa-technischen Ausfälle eher die Seltenheit und das Gros der famosen Anwendungen lassen die raren Wellness-Skurrilitäten, die sogar ganz ohne schamanische Zupfmassagen auftreten, im glücklich-entspannten Schlaf vergessen.